Mitbestimmung der psychisch kranken Menschen in der Tagesstätte

Mitbestimmung der psychisch kranken Menschen in der Tagesstätte

Um einen Überblick über die Möglichkeiten der Mitbestimmung von Seiten der Besucher zu erhalten, werden folgende Kategorien gebildet: Allgemeine Bewertung der Mitbestimmung, Option der erweiterten Mitbestimmung, Bedeutung der Besuchervollversammlung und des Besucherbeirats sowie der Aspekt eines möglichen Mitsprachrechts bei der Personaleinstellung.

Allgemeine Bewertung der Mitbestimmung

In der Frage der Mitbestimmung geben vier von sechs befragten Besuchern an, dass sie die Möglichkeit der Mitbestimmung haben, z. B. „Doch, würde ich schon sagen, dass wir das machen." (Interview 5, Zeile 188) oder „Ja, wir ... wir können schon Vorschläge machen ..." (Interview 6, Zeile 97). Zwei der Befragten sehen sich nicht in der Lage innerhalb der Einrichtung mitzubestimmen, sie fühlen sich damit persönlich überfordert - „Nee ... also, vielleicht können andere das. Aber ich sehe mich dazu nicht in der Lage." (Interview 3, Zeile 218-219) und „Na ja, also Mitbestimmen ... also, erst mal kann ich´s nicht und außerdem weiß ich nicht, ob ich´s nachher will, ja. Ich bin eigentlich mehr der Mitläufer-Typ eigentlich, ja ..." (Interview 4, Zeile 133-135).

KategorieNennungen
ausreichende Möglichkeit der Mitbestimmung 67 %
persönliche Überforderung bei der Mitbestimmung 33 %

Tabelle 6: Allgemeine Bewertung der Mitbestimmung innerhalb der TBB (n = 6)

Die Beantwortung der Fragen „Wo Sie denn mitbestimmen können?" und weitergehend „Ob Sie beim Alltagsgeschehen, den Angeboten, dem Tagesablauf, der räumlichen Gestaltung oder der Verpflegung mitbestimmen können?" gestaltet sich schwierig. Die meisten der Befragten gehen kaum darauf ein bzw. können keine konkreten Beispiele nennen. Zwei der Probanden erwähnen die Möglichkeit, auf den Essensplan Einfluss zu nehmen.

Option der erweiterten Mitbestimmung

Fünf der sechs befragten Besucher können sich eine Ausweitung ihrer jetzigen Mitbestimmung nicht vorstellen bzw. wünschen sich eine solche nicht, z. B. „... ich finde eigentlich, den Rahmen, der vorgegeben ist ... den finde ich eigentlich nicht schlecht, ja. Wenn da jetzt jeder noch meint, er bringt seine Vorschläge mit ... also, ich weiß nicht, ob das so toll ist." (Interview 4, Zeile 200-203) oder „Nee. Reicht." (Interview 5, Zeile 253). Zwei von ihnen begründen dies mit Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung. Nur ein Befragter kann sich theoretisch noch mehr Mitbestimmung vorstellen und sieht darin die Chance für noch mehr Eigenverantwortlichkeit von Seiten der Besucher. Persönlich sieht er sich damit aber überfordert - „Nee. Das kann ich so nicht, damit fühle ich mich eigentlich irgendwie auch überfordert. Aber es ist so, dass ich mir schon vorstellen kann ..., dass mehr Aufgaben sagen wir mal noch von den Besuchern eigenständiger übernommen werden." (Interview 3, Zeile 328-332).

KategorieNennungen
keine Vorstellung bzw. Wunsch vermehrter Mitbestimmung 83 %
Vorstellung erweiteter Mitbestimmung 17 %

Tabelle 7: Option der erweiterten Mitbestimmung innerhalb der TBB (n = 6)

Bedeutung der Besuchervollversammlung

Eine Teilnahme an der Besuchervollversammlung konnten fünf der Probanden (83 %) bestätigen. Nur ein Besucher (17 %) hat zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht an einer Besuchervollversammlung teilgenommen.

Von den fünf Befragten, die bereits mehrmals an der Besuchervollversammlung teilgenommen haben, geben zwei an, sich auch aktiv daran zu beteiligen, z B. „Ja. Also, gesagt habe ich schon was." (Interview 1, Zeile 89) und „Ich denke, ich habe mich auch zum Teil mitbeteiligt an der Diskussion, ..." (Interview 6, Zeile 116-117). Zwei weitere geben an, nichts oder nichts Konstruktives eingebracht zu haben. Ein Proband macht zu dieser Frage keine Aussage.

Zwei befragte Besucher äußern sich in diesem Zusammenhang über die Atmosphäre während der Besuchervollversammlung und kritisieren das Verhalten einiger Mitbesucher (vor allem bei Abwesenheit der Mitarbeiter) - „Ich merk einfach, das ist ein ganz anderes Verhalten. ...Nee, das ist nicht so, nicht so ... wie soll ich mich da ausdrücken ... nicht so, nicht so auf alle so berücksichtigt wird. (Interview 1, Zeile 108 u. Zeile 112-114) und „..., weil es gibt ja immer Leute, die sich exponieren müssen und ich gehöre eigentlich nicht so dazu, ja ..." (Interview 4, Zeile 172-173).

Bedeutung des Besucherbeirats

Auf die Frage nach den Aufgaben des Besucherbeirats können fünf der Befragten relativ genaue Angaben machen, ein Besucher hat kaum Vorstellungen darüber. Die Hälfte der Probanden gibt eine Vermittlungsfunktion zwischen Besuchern und Mitarbeiter an - „Na, doch. Sprachrohr zu sein, ... zwischen den ... Sozialarbeitern und zwischen den Leuten hier, ..." (Interview 1, 126-128), „So eine Art Sprachrohr zwischen Besucher und Mitarbeiter ..." (Interview 3, Zeile 293-294) oder „... als Transmissionsriemen zwischen Leitung und, und Besuchern zu wirken ..." (Interview 4, Zeile 187-188). Drei weitere beschreiben die Aufgaben als eine Unterstützung für die Mitarbeiter und nur ein Besucher gibt die eigene Interessenvertretung an - „Na ja, die wollen halt so, so Interessen und Wünsche, Bedürfnisse von Besuchern irgendwie versuchen so mitzubekommen, ..." (Interview 3, Zeile 288-290)

KategorieNennungen
Vermittlung (zwischen den Besuchern und Mitarbeitern) 50 %
Unterstützung der Mitarbeiter (z.B. durch mehr Eigenverantwortung) 50 %
Wahrnehmung der Interessen der Besucher 17 %
keine klare Vorstellung 17 %

Tabelle 8: Aufgaben bzw. Bedeutung des Besucherbeirats (n = 6, Mehrfachnennungen)

Nur einer der Probanden ist Mitglied im Besucherbeirat. Dieser empfindet diese Aufgabe als eine sehr große Verantwortung, die in eigenen Krisensituationen zur Belastung werden kann - „... wo ich mich ein bisschen überfordert gefühlt hab, ... Da hab ich gedacht, na hoffentlich schaffste das überhaupt noch zu tun." (Interview 5, Zeile 239-242). Zwei der befragten Besucher bezweifeln, in Problemsituationen wirklich auf den Besucherbeirat zugehen zu können. Sie geben an, in diesem Fall eher den Kontakt zu den Mitarbeitern zu suchen - „Ich würde mich dann eher an Mitarbeiter 1 wenden. Ich würde mich das ganz einfach nicht trauen." (Interview 3, Zeile 314-316) oder „Ach so, na ich würde vielleicht direkt zu Mitarbeiter 2 gehen oder zu Mitarbeiter 1, ja." (Interview 4, Zeile 196-197).

Mitsprachrecht bei der Personaleinstellung

Fünf der befragten Besucher können sich zumindest theoretisch eine Art Mitspracherecht bei der Einstellung von Praktikanten oder Mitarbeitern vorstellen. Ein Proband lehnt dies generell ab. Zwei von fünf Befragten äußern jedoch Bedenken bezüglich der praktischen Umsetzung - „Theoretisch ja. Aber praktisch, halte ich das für absolut unrealistisch. ... Na ja, bei Praktikanten, denke ich, wäre das einfach zu arbeitsaufwendig; weil Praktikanten kommen einfach zu häufig. Und wenn vierzig Besucher noch mitbestimmen wollten, welcher Praktikant hier herkommen darf, also dann würde hier ein Chaos ausbrechen, so schätze ich das zumindest ein." (Interview 3, Zeile 357-358 u. 360-365) oder „Na ich denke, dass das schwierig ist, zu realisieren." (Interview 6, Zeile 159).

Über die Autorin/den Autor
Antje Henkel schloss 2005 Ihr Diplom-Studium Sozialarbeit/Sozialpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule Berlin ab.

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