Präventive Arbeit in einer Familie mit einem Kind mit Autismus, Teil 2

Präventive Arbeit in einer Familie mit einem Kind mit Autismus Teil 2

Als Einzelfallhelferin bin ich in der Familie vorrangig für das Mädchen eingesetzt. Zu meinen Aufgaben gehört es, sie in der Regel zwei Mal in der Woche von der Kita abzuholen und anschließend den Nachmittag mit ihr zu gestalten und damit sowohl Mutter als auch Vater zu entlasten. Die Förderziele sind vorrangig auf Kommunikationsanbahnung und Sicherheit in Motorik und Sozialkontakt ausgerichtet und zur Herstellung von überschaubaren Strukturen und erleichternden Routinen im Lebensalltag. Das Mädchen lautiert regelmäßig wenn sie in guter Stimmung ist, hin und wieder sind dabei Ansätze von ihr bekannten Wörtern zu hören. Sie nutzt keine Sprache zur Bedürfnisbefriedigung oder Kontaktaufnahme. Ihr Kontaktverhalten ist stark bedürfnisorientiert, wird wenig zur Kommunikation eingesetzt und zeigt sich zumeist in stereotypen Verhaltensweisen. Körperkontakt an sich sucht sie oft und mittlerweile verstärkt zur Mutter, scheint aber regelmäßig nicht zu wissen, wie sie das Bedürfnis nach Nähe einfordern kann. Die Mutter muss zeitweise auf die feinen Annäherungsversuche der Tochter aufmerksam gemacht werden, die sie ohne Anregung oft nicht als solche erkennt. Dann aber entwickelt sich aus dem Kontaktspiel zwischen beiden eine große Vertrautheit und Geborgenheit, nach dem das Kind scheinbar regelmäßig stark und in größerem Umfang bedarf. Beiden tut diese Nähe sichtlich gut.

Zur Entspannung und Beruhigung nach dem Tag in der Kita und wenn sie zu Hause angekommen ist, nutzt das Mädchen vorrangig stereotype Verhaltensweisen wie das Klimpern auf einem Kinderpiano und das Musikhören einer bestimmten Kindermusik-CD. Kann sie über diese oder ähnliche Maßnahmen nicht verfügen, zeigt sich das in angespannter Unruhe, lautierendem Protest und steigert sich bis hin zum Weinen und lauten Schreien. Gelegentlich beginnt sie sich selbst gegen den Kopf zu schlagen, Menschen in ihrer Umgebung zu kneifen und ihnen gegen das Ohr zu schlagen. Auch das Geschaukelt Werden in der Hängematte scheint für sie eine willkommene Ruhezone zu sein. Sie ist an einfachen Fingerspielen, die für Kleinstkinder etabliert sind, interessiert und lächelt dabei hin und wieder. Gesang und Tanzlieder erreichen ebenfalls ihre ungeteilte Aufmerksamkeit, sowie Seifenblasen pusten und eine verbale Begleitung dazu als auch Rieselspiele mit kleinen Steinchen, Bohnen, körnigem Sand und Reis. Sie ist viel in Bewegung, läuft gern und viel und fängt auf Spielplätzen an, die Klettergerüste noch zögerlich zu erobern. Auf bestimmte Ansprachen mit unterstützenden Gesten reagiert sie sofern es in ihrem Gesichtsfeld passiert. Sie kann dann einer einfachen und bekannten Aufforderung nachkommen. Die täglichen Waldausflüge mit der Kita erfordern zwangsläufig das Tragen von Windeln. Die Toilette in der Kita benutzt sie nach Aufforderung, nicht aber aus Bedürfnis. Zu Hause scheint sie eine Abneigung oder sogar Angst vor dem Bad zu haben. Sie hält sich nicht gern darin auf, die Toilette benutzt sie gar nicht und auch das Windeln wechseln verläuft dort nur unter lautem Schreien, heftigem Weinen und Zittern. Die Nahrungsaufnahme gelingt ihr im Faustgriff mit einem Löffel. Snacks führt sie mittlerweile aber teilweise noch widerwillig mit ihren Händen zum Mund und legt sie nach dem Abbeißen sofort wieder ab oder lässt sie fallen...

Über die Autorin/den Autor
Katja Driesener schloss 2012 ihr Bachelor-Studium Heilpädagogik erfolgreich ab. Sie betreut im Rahmen der Einzelfallhilfe Kinder mit Autismus innerhalb ihrer Familien und ist als Schulhelferin tätig. Im Autismus-Bereich bildet sie sich intensiv weiter. Vor dem Studium absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin.

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