Ethische Diskussion: Autonomie

 Ethische Diskussion: Autonomie

Autonomie

Um eine selbstbestimmte und autonome Lebensführung für jene Menschen zu gewährleisten, die bisher eher ein fremdbestimmtes Leben gestaltet bekamen, ist eine strukturelle Umgestaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in der Arbeitsmarktpolitik notwendig. Die Gestaltung von Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten sind zu schaffen. Sie ermöglichen eine Auswahl zwischen verschiedenen Berufs- und Arbeitstätigkeiten im freien Arbeitsmarkt aber ebenso die freie Wahl zur Mitarbeit in einer Werkstatt. In realen Firmen und Unternehmen müssen die Strukturen insoweit gestaltet werden, dass Barrieren abgebaut und Zugang ermöglicht wird für Menschen mit besonderen persönlichen und körperlichen Eigenschaften. Gleichzeitig müssen sowohl in Werkstätten als auch in den klassischen Betrieben und Einrichtungen des Arbeitsmarktes entsprechende für alle Arbeitnehmer geltende Regelungen, Versicherten- und Gehaltsleistungen angesiedelt sein. Ausnahmslos jeder Bür-ger hat das Recht, einer den individuellen Interessen und Potentialen entsprechenden Arbeitstätigkeit nachzugehen. Das muss möglich sein, ohne in einer „geschützten" Einrichtung abgeschottet zu werden und dadurch keine Möglichkeit der reellen Interaktion mit heterogenen Menschengruppenim gesellschaftlich natürlichen Sinne wahrnehmen zu können. Das gilt ebenso für die berufliche Ausbildung. Ohne gesonderte Maßnahmen, die getrennt von allgemeinen berufsbildenden Interventionen durchgeführt werden, ist sowohl die schulische als auch die betriebliche Berufsausbildung entsprechend heterogen für jeden barrierefrei zu gewährleisten. Assistenznehmer im Rahmen des Persönlichen Budgets müssen entsprechend barrierefrei begleitet und unterstützt werden können.
Werkstattmitarbeiter verfolgen bis heute noch einen beruflichen bzw. arbeitstätigen Weg, den sie in der Regel nicht frei selbstentschlossen und selbstbestimmt wählen und gewählt haben. In der Regel wird dieser Verlauf zwar in erster Linie beratend begleitet aber doch werden diese Wege von sozial und pädagogisch Professionellen indirekt dirigiert und vorgegeben. Immer im Sinne des Besten für die behinderte Person.

Autonomie im Sinne der Inklusion meint hier nicht, dass die Werkstatt als Arbeitsstätte abgeschafft werden soll. Vielmehr geht es darum, dass die Mitarbeiter die Entscheidung dort oder woanders tätig zu werden, selbstständig und selbstbestimmt treffen. Sie sollen die Wahl haben, frei zwischen ver-schiedenen Angeboten wählen zu können, sowie sich im Vorfeld autonom über die vielfältig existierenden Angebote unabhängig und neutral informieren zu können. Sie sollen in der Lage sein, ihre eigene Lebensführung so gestalten zu können, wie es ihnen ganz selbst beliebt. Schlichtweg: wie jeder andere autonome Mensch es kann! Autonome Lebensführung schließt die selbstständige individuelle finanzielle Konto- und Gehaltsverwaltung mit ein. Nicht ein gesetzlicher Vormund oder Betreuer hat die hütende Hand über die Finanzen des Betreuten, sondern der Geldverdienende selbst überwacht selbstbestimmt seine Finanzein- und Ausgänge. Persönliche Assistenz kann bei der Aus-übung und Realisierung von selbstbestimmter Lebensführung und Autonomie wegbegleitend unterstützen, darf aber nicht im Sinne einer dominanten Lebensführungsrichtlinie eingreifen.

Über die Autorin/den Autor
Katja Driesener schloss 2012 ihr Bachelor-Studium Heilpädagogik erfolgreich ab. Sie betreut im Rahmen der Einzelfallhilfe Kinder mit Autismus innerhalb ihrer Familien und ist als Schulhelferin tätig. Im Autismus-Bereich bildet sie sich intensiv weiter. Vor dem Studium absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin.

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