Was sind projektive Tests?

Was sind projektive Tests?

In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick über die Anwendungsgebiete und die Auswertung von projektiven Tests sowie über Kritikpunkte gegenüber dieser Testverfahren.

Einführung

Projektive Tests werden über Kinder erstellt. Bei einer Projektion werden unbewusste Motive und Eigenschaften projiziert. Nach Siegmund Freud ist eine Projektion eine Eigenschaft, die das Ich bedroht. Es wird nicht in der eigenen Person gesehen, sondern einem Objekt oder einer Person der Außenwelt zugeschrieben.

Meist sind es projektive Mal- oder Spieltests. Im Spielen oder Malen drücken Kinder unbewusst oder bewusst Wünsche aus, die auf ihre momentane psychische Situation hindeuten. Projektive Tests geben Aufschluss über kindliche Emotionen, Konflikte, Aggressionen oder Ängste. Der Heilpädagoge erfährt in diesen Tests etwas über die Persönlichkeit des Kindes und kann dies zusätzlich zur Diagnostik heranziehen. Projektive Tests sind zum Beispiel der Sceno-Test von Staabs, das Sandspiel von Kalf, der Baumtest von Koch und "Familie in Tieren" von Bremm-Gräser.

Projektive Tests werden zur Erstellung von Anamnesen verwendet. Sie sind nicht als alleiniges Mittel zur heilpädagogischen Diagnostik geeignet. Langzeitstudien über projektive Tests und ihre Ergebnisse gibt es bisher leider nicht.

Zielpersonen

Projektive Tests sind für Kinder und für Lernbehinderte geeignet. Voraussetzung ist, dass das Sprachverständnis ausreichend gut entwickelt ist, sodass sie die Aufgabenstellung verstehen können. Gerade für Kinder mit Sprachstörungen oder Hörschädigungen sind projektive Tests geeignet, da sie ihre Gefühlswelt so im Spiel oder beim Malen ausdrücken können.

Auswertung von projektiven Tests

Projektive Tests waren im zurückliegenden Jahrhundert in der psychologischen Diagnostik sehr beliebt, es gab jedoch viele kritische Einwände. Und diese kritischen Einwände gibt es auch heute noch - zu Recht: Generell sind bei psychologischen Tests Objektivität, Reliabilität und Validität die wichtigsten Gütekriterien, welche jedoch an projektiven Tests oft bemängelt werden. Nachfolgend eine Erläuterung der drei Kritieren:

Objektivität

Die Objektivität ist das Ausmaß, in dem die Testergebnisse unabhängig von der Person des Untersuchungsleiters sind. Die Durchführung, Auswertung und Interpretation des Tests müssen weitgehend standardisiert sein, so dass auch andere Anwender unter gleichen Bedingungen zu den gleichen Ergebnissen gelangen. Objektive Tests sind auswerterunabhängig. Dies ist z. B. der Fall bei Intelligenztests. Die Objektivität bei den projektiven Tests variiert jedoch sehr stark. Eine bestimmte Reaktion eines Probanden kann hier sehr vielfältig interpretiert werden. Der Anwender sollte daher immer zusätzliche Informationen z. B. aus Elterngesprächen oder klinischen Diagnosen einbeziehen. Somit hängt die Qualität der Auswertung bei den projektiven Tests allein vom Auswerter ab.

Reliabilität

Die Reliabilität ist ein Maß für die Genauigkeit eines Testes. Die Reliabilität ist somit die Zuverlässigkeit einer Messung. Reliabel, also zuverlässig, ist ein Test dann, wenn ein Proband immer wieder das gleiche Ergebnis erzielt. Bei den projektiven Tests stellt sich das Problem, welche Anteile der Aussagen "wahr" sind und welche der ungenauen Messung zuzuschreiben sind. Fühlt sich z. B. der Proband an einem Testtag traurig, würde er beispielsweise beim Baumtest möglicherweise eine Trauerweide malen. Wiederholt man den Baumtest tagespäter, malt er vielleicht eine Eiche.

Validität

Die Objektivität und Reliabilität sind letztlich nur Vorstufen des Strebens nach einer Validität. Die Validität gibt den Grad der Genauigkeit an, mit dem ein Testverfahren das misst, was es messen soll (vgl. www.uni-hamburg.de). Die Validität lässt sich empirisch überprüfen und mit statistischen Maßzahlen ausdrücken. Projektive Tests schneiden bei den Gütekriterien schlechter ab als objektive Tests.

Projektive Tests mit geistig behinderten Kindern

Die Auswertung der Ergebnisse setzt entwicklungspsychologische Kenntnisse voraus. Das Sprachverständnis, die soziale Entwicklung, der geistige Entwicklungsstand sowie die emotionale Belastbarkeit eines Kindes haben einen großen Einfluss auf das Testergebnis. Leider gibt es bisher kaum Erfahrungen mit projektiven Tests mit geistig behinderten Kindern. Im Allgemeinen sind projektive Tests bei solchen Kindern nur zum Teil anwendbar, da z. B. ihr Aufgabenverständnis oder ihr Sehvermögen mitunter schwach entwickelt sind.

Projektive Tests bestehen weitgehend aus älterem Testmaterial

Viele projektive Tests wurden in den 1950er Jahren entwickelt. Damals herrschten noch andere Normen und Werte und die Familie hatte einen anderen Stellenwert als heute. Problematisch bei älterem Testmaterial ist u.a., dass die Darstellung von Figuren und Gegenständen aus jener Zeit gelegentlich zu Unverständnis bei den Probanden führen kann. Beispielsweise empfinden wohl nur noch wenige Kinder heutzutage einen Teppichklopfer - wie er beim Sceno-Test verwendet wird - als negative Sanktion (vgl. www.kindergartenpaedagogik.de).

Über die Autorin/den Autor
Diana Saft ist staatlich anerkannte Heilpädagogin und Heilerziehungspflegerin. Sie sammelte bisher Erfahrungen in einem Seniorenheim, in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, in einem integrativen Kindergarten und in einem deutschen Kindergarten in den USA.

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