Verlauf und Methodenbegründung für die Veranstaltungsreihe

Verlauf und Methodenbegründung für die Veranstaltungsreihe

Im Anschluss wird der Verlauf der Veranstaltungsreihe mit Einleitungs-, Haupt- und Abschlussphase illustriert und die vorstellbaren Methoden begründet.

Einleitungsphasen der Veranstaltungsreihe

Der erste Kurs findet im Sinne einer Orientierungsphase in den Räumen der Volkshochschule statt. Gemäß Georg Theunissen (2003: 89) dient diese Einleitungsphase zur Ermittlung der individuellen und kollektiven Ausgangslage und hat somit diagnostische Funktion. Dazu zählen u. a. das Kennen lernen der Teilnehmer sowie die Einschätzung der individuellen Lernvoraussetzungen (wie z. B. Stärken, Probleme, Lernstrategien, Interessen) und des Gruppenklimas.

Um die in Punkt 5.1.1 erwähnte Annahmen der expansiven Lernbegründung der Teilnehmer (nach Klaus Holzkamp) sowie das erwachsenenpädagogische Leitprinzip der Freiwilligkeit zu überprüfen, ist zu Beginn des ersten Kurses eine Eingangsrunde geplant. In dieser Vorstellungsphase (in Form eines Kennen Lernspiels) sollen sich die Teilnehmer kurz mit ihrem Namen vorstellen und ihre Erwartungen an den Kurs erläutern. Diese Eröffnungsrunde, gibt den Teilnehmer die Möglichkeit sich untereinander kennen zu lernen und ihre Wünsche und Erwartungen an die Veranstaltung zu äußern. Da Menschen mit geistiger Behinderung oftmals Schwierigkeiten haben ihr Bildungsbedürfnis zu artikulieren und sie zudem teilweise von Eltern bzw. Mitarbeitern von Wohneinrichtungen für die Erwachsenenbildungskurse angemeldet werden, erscheint es wichtig die Teilnehmer zu Beginn des Seminars zu ihren Wünschen und Interessen zu befragen. Die verbale Form der Rückversicherung ist jedoch bei schwerst- geistig behinderten Menschen oftmals nicht möglich, so dass das Interesse dieser Teilnehmer aus deren Gestik, Mimik und dem Verhalten zu erschließen ist (vgl. Theunissen 2003: 66 f). Hier wird deutlich in welch hohem Maße dem Lehrenden soziale, emotionale und nonverbale Kompetenz abverlangt werden. Verhaltensbeobachtungen geben weitere grundlegende Informationen zur personen- und gruppenspezifischen Situation.

Zusätzlich ist die Eingangsphase entscheidend beim Aufbau einer vertrauensvollen partnerschaftlichen Beziehung und eines angenehmen angstfreien Lernklimas, welches im Verlauf der Bildungsveranstaltung zu erhalten ist. Jeder Teilnehmer muss als eigenständige erwachsene Persönlichkeit mit seinen Einschränkungen akzeptiert werden, dies beinhaltet u. a. eine erwachsenengemäße Ansprache, Wertschätzung und Ermutigung. Nur so kann die allseitige Entfaltung der Persönlichkeit aller Teilnehmer erreicht werden.

Anschließend erfolgt die Einstimmung auf das Thema der Veranstaltungsreihe. Durch anregende Fragen (z. B. Welche Besonderheiten hat diese Stadt? Wie groß ist die Stadt in der ich lebe? Wo wohne ich jetzt und wo habe ich in der Stadt schon gewohnt? Wo leben die anderen Teilnehmer? Was mag ich an der Stadt bzw. was nicht? Welche Sehenswürdigkeiten gibt es hier? Was würde ich Besuchern in der Stadt zeigen? Wo kann ich andere Menschen treffen?) soll das Interesse der Teilnehmer am Thema hergestellt werden. Darüber hinaus erfahren der Kursleiter und die anderen Teilnehmer etwas über die Lebensgeschichte, die lebensweltliche Situation und die Sichtweise des Einzelnen.

Um Menschen zu emanzipatorischem Handeln hinzuführen bedarf es spezifischer Methoden, damit die Teilnehmer sich Fähigkeiten zur Auseinandersetzung mit der Welt, zu Lebensbewältigung und –Gestaltung aneignen können. Im Sinne der gleichberechtigten Beteiligung an der Gestaltung des Kursverlaufes erfolgt anschließend eine Runde, in der sich jeder Teilnehmer aus zehn Bildkärtchen, welche mit wichtigen alltäglichen Gebäuden (wie z. B. das Hauptpostgebäude, die Feuerwache, das Krankenhaus) bzw. Sehenswürdigkeiten (wie z. B. das Rathaus) der Stadt gestaltet ist, drei Karten auswählt. Die von den gesamten Kursteilnehmern am häufigsten ausgewählten öffentlichen Gebäude werden in den nächsten sechs Veranstaltungen aufgesucht. Es ist besonders wichtig die Beteiligten an der Auswahl der Inhalte, Lernziele und Methoden zu beteiligen. Die beschriebene demokratische Methode trainiert die Auswahl- und Entscheidungsfindung der Teilnehmer. Es handelt sich hierbei um eine Technik, um emanzipatorisches Handeln zu fördern, dies bezeichnet man auch als instrumentelles Handlungsziel. An dieser Stelle werden grundlegende Leitprinzipien der Erwachsenenbildung, wie z. B. Wahlmöglichkeit und Mitbestimmung verwirklicht. Der Prozess des Auswählens kann sich jedoch bei der benannten Zielgruppe als problematisch erweisen, da behinderte Menschen häufig nicht befähigt wurden ihre Wünsch und Lernbedürfnisse zu artikulieren. Die aktive Mitbestimmung und Mitwirkung ist somit schon ein entscheidendes Teilziel der Bildungsveranstaltung. Menschen mit geistiger Behinderung müssen Anregungen erhalten, um Entscheidungen treffen zu können. Der Lernprozess des Auswählens erfolgt in kleinen Schritten und wird ständig ausgeweitet bis ein Entscheidungsprozess allein gesteuert werden kann.

Am Ende der ersten Veranstaltung erfolgt mittels der Sozialform „frontales Lernen" die Besprechung organisatorischer Dinge, wie der Treffpunkt und Anfahrt für die nächste Veranstaltung. Grundsätzlich ist Frontalunterricht zu vermeiden und sollte nur in Situationen in der die gesamte Gruppe angesprochen werden muss angewendet werden. Die Sozialformen Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ermöglichen dagegen im stärkeren Maße ein Eingehen auf individuelle und gemeinschaftliche Interessen. Als Abschlussrunde soll jeder Teil-nehmer anhand einer Symbolkarte zeigen, wie ihm die Veranstaltung gefallen hat.

Im Sinne des ganzheitlichen Prinzips wird der Mensch als körperliche, seelische und geistige Einheit betrachtet. Die Verknüpfung unterschiedlicher Verfahren und Methoden (wie z.B. körperbezogene, wahrnehmungsfördernde Methoden) werden zu einem Gesamtkonzept integrieren. Durch die starke Teilnehmerorientierung wird die Bereitschaft der Beteiligten geweckt und erhalten. Der Wechsel der Methoden und die Methodenvielfalt gestalten den Lernprozess lebendig. Das Angebot ist thematisch und zeitlich begrenzt und findet an einem besonderen Ort statt. Der Wechsel aus dem Alltag in eine als besonders erlebte Situation kann laut Winfried Mall (1998) auf alle Beteiligten belebend und motivierend wirken.

Hinsichtlich der verbalen Kommunikation ist prinzipiell auf die Verwendung von Fremdwörtern zu verzichten. Kurze, aussagekräftige Sätze und der Gebrauch einer einfachen und klar verständlichen Sprache sind von besonderer Bedeutung bei der Ansprache geistig behinderten Menschen. Jeder abstrakte Begriff sollte grundsätzlich durch alltags- und situationsbezogene Ausdrücke oder Beispiele verdeutlicht werden. Gezielte Instruktionen sollten durch handlungsbegleitende Hinweise (wie Fingerzeigen) unterstützt werden.

Über die Autorin/den Autor
Alexandra May ist Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH). Zusätzlich studierte sie Erwachsenenpädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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