Trisomie 21 (Down-Syndrom)

Trisomie 21 (Down-Syndrom)

In diesem Artikel erhalten Sie eine Einführung in die Behinderung Trisomie 21 bzw. Down-Syndrom aus heilpädagogischer Sicht. Von der Geschichte, über Häufigkeit, Symprome und Ursachen bis hin zu Diagnostik und Therapien des Down-Syndroms.

Was ist das Down-Syndrom?

Sie haben bestimmt schon einmal einen Menschen mit Down-Syndrom gesehen. Charakteristisch ist ihr äußeres Erscheinungsbild, denn sie sind meist klein und haben eine typische Gesichtsform (mandelförmige Augen, eine Stupsnase und flaches Gesicht).

Das Down-Syndrom ist mit 1 auf 600 Geburten die häufigste durch eine Chromosomenstörung verursachte Erkrankung. Das Syndrom wird in der Fachsprache Trisomie 21 genannt. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die chromosomale Ursache des Syndroms. Das Chromosom 21 ist hier dreifach statt üblicherweise zweifach in allen Zellen vorhanden. Menschen mit dem Down-Syndrom sind motorisch und geistig in ihrer Entwicklung verlangsamt. Besonders die Sprachentwicklung setzt hierbei erst spät ein.

Geschichte

Der Begriff Down-Syndrom geht auf dem englischen Neurologen John Langdon-Down zurück. 1866 benannte er zum ersten Mal das Down-Syndrom und fasste charakteristischen Merkmale zusammen. Einige Merkmale des Down-Syndroms, die er verfasste, treffen auch heute noch zu. Er schrieb z. B. auf, dass sie gewöhnlich sprechen, ihre Sprache jedoch ein wenig undeutlich ist und dass sie einen ausgeprägten Humor haben. Ein für mich wichtiges Merkmal erkannte John Langdon-Down sehr früh, nämlich das durch frühes Training viele Fortschritte in ihrer Entwicklung erzielt werden können. John Langdon-Down bezeichnete das Down-Syndrom als "mongoloide Idiotie", da die mandelförmigen Augen eine Ähnlichkeit mit den Mongolen hatben. Hiermit beleidigte er das Volk der Mongolen und das Volk beschwerte sich 1965 bei der WHO und bekam Recht. Die Bezeichnung gilt heute als diskriminierend und wird in Fachkreisen nicht mehr verwendet.

Erst 1959 entdeckte der französische Genetiker Jérôme Lejeune die genetische Ursache des Syndroms: Er fand heraus, dass Menschen mit Down Syndrom ein Chromosomen zu viel besitzen. Er wusste aber auch nicht, dass es das Chromosom Nr. 21 ist.

Während der NS-Zeit wurden durch die "Aktion T4" viele behinderte Menschen getötet, darunter auch viele Menschen mit Down-Syndrom. Ziel des T4 Programm war es, die Ausbreitung "minderwertigen Erbgutes" zu verhindern und die Schaffung eines "rasse-reinen Volkes" zu fördern. In der Zeit von 1940-1941 in den T4-Tötungsanstalten ca. 70.000 bis 150.000 Menschen ermordet.

Häufigkeit vom Down-Syndrom

Das Down-Syndrom tritt in Deutschland mit einer Häufigkeit von 1:600 auf, d. h. bei jeder 600. Schwangerschaft wird Trisomie 21 diagnostiziert. Das Risiko steigt mit dem Alter der Mutter. Durch Schwangerschaftsabbrüche sinkt jedoch die Anzahl der entsprechenden Geburten. Weltweit leben zirka fünf Millionen Menschen mit Down-Syndrom.

Ätiologie (Untergruppen)

  • Freie Trisomie 21: tritt zu 92 % auf, ein Elternteil hat zwei Chromosomen 21 über die Ei- bzw. Samenzelle an das Kind weitergegeben. Das Chromosom 21 ist in allen Körperzellen dreifach vorhanden. Das Risiko der Fehlverteilung steigt mit dem Alter der Mutter. Diese Form ist nicht vererbbar.
  • Translokations-Trisomie 21: tritt bei 4% auf, vom Chromosomen 21 bricht ein Stück ab und heftet sich an ein anderes Chromosomen an, ist vererbbar (ein Elternteil ist Translokationsträger)
  • Mosaik Trisomie 21: tritt 1-2% auf, normale Chromosomenzahl teils aber auch Trisomien, Mosaike entstehen in der 2-3 Zellteilung, Kinder weisen eine schwächere Symptomatik auf
  • Partielle Trisomie 21: äußerst selten, weltweit nur 100 Fälle, "Ein Teil eines Chromosoms 21 ist verdoppelt, wodurch dieses Chromosom etwas länger ist und die Erbinformation in diesem Abschnitt dreifach vorhanden ist." [1]

Ursache

Bei 95 % der Fälle liegt die Ursache in einer unüblich verlaufenden Zellteilung. Kommt es während des Geschlechtsverkehrs zur Befruchtung, vereinigen sich die Keimzellen der Eltern. Das heißt, die jeweils 23 Chromsomen der Eizelle und der Samenzelle verschmelzen miteinander. Die Zelle des Embryos hat somit 46 Chromosomen. Dann beginnt es sich zu teilen und zu vermehren. Dabei hat jede neue Zelle 46 Chromosomen. Die Erbinformationen werden über die Chromosomen an die Kinder weitergegeben. Die Gene auf den 46 Chromosomen sind für das Wachstum und die Funktionen des Körpers zuständig. Ist ein Chromosom überzählig, stört es die genetische Balance und dies hat Funktionsveränderungen zur Folge. Menschen mit Down-Syndrom haben durch das überzählige Chromosom 21 körperliche Besonderheiten, die weiter unten aufgeführt sind.

Symptomatik vom Down-Syndrom

Pränatale (vor der Geburt) Erkennungsmerkmale

  • in vergleichsweise kleines Baby (meist bedingt durch Herzfehler)
  • kleiner Augenabstand (Hypotelorismus)
  • Sandalenfurche (ein vergrößerter Abstand zwischen der ersten und zweiten Zehe)
  • eine große Fruchtwassermenge (Embryos mit Trisomie 21 trinken kaum Fruchwasser)
  • eine bestimmte Hormonkonzentrationen im Blut der schwangeren Frau
  • Embryos mit Trisomie 21 haben einen dickeren Nacken als normale Emryos.

Postnatale (nach der Geburt) Erkennungsmerkmale

  • der Hinterkopf ist leicht abgeflacht
  • nach oben außen hin geschrägte Lidachsen
  • relativ große Zunge
  • flaches Gesicht
  • haben von Beginn an Muskelschwäche, diese nennt man Hypotonie
  • Vierfingerfurche ( die Handfläche ist von einer Linie durchzogen)
  • Sandalenfurche (ein vergrößerter Abstand zwischen den ersten und zweiten Zeh)
  • eine kleine sichelförmige Hautfalte an den inneren Augenwinkeln
  • Herzfehler (bei 40% der Neugeborenen)
  • Darmverschlüsse (bei ca. 12% der Neugeborenen)

Genotypische Erkennungsmerkmale

  • Infekt der oberen Atemwege (dauerhafter Schnupfen, Lungenentzündung, Mittelohrentzündung)
  • verminderte Abwehr gegen Infektionen
  • Sehschwäche (Weit- oder Kurzsichtigkeit, kommt sehr häufig vor)
  • Hörstörungen (60%), meist mittelgradige Schwerhörigkeit,
  • angeborener Herzfehler (40%)
  • Muskelschwäche (wird auch Hypotonie genannt)
  • Verdauungstrakt (leiden unter Anderem öfters unter Verstopfung)
  • beeinträchtige Mundmotorik
  • verzögerte Bewegungsentwicklung
  • Epilepsien (West-Syndrom)
  • Leukämie (Megakaryoblastenleukämie) [2]

Nachfolgend werden einige Besonderheiten der genotypischen Erkennungsmerkmale thematisiert:

Epilepsien bei Säuglingen mit Down-Syndrom

Trisomie 21 zählt zu den monogen vererbten Krankheiten, bei denen epileptische Anfälle mit zum Krankheitsbild gehören. 1 von 100 Säuglingen mit Down-Syndrom bekommen zusätzlich das West-Syndrom. Dies ist eine Unterform der Epilepsie und ist gekennzeichnet durch Blitz-Nick-Salaam-Anfälle (die Abkürzung hierfür ist BNS) Bei den Blitz Anfällen treten plötzlich Plötzlich heftige Zuckungen des gesamten Körpers auf. Dies dauert nur ein paar Sekunden. Die Nick-Anfälle äußern sich durch Zuckungen der Nacken- und Halsmuskulatur. Bei den Salaam-Anfällen beugt sich der Kopf nach nach vorne und gleichzeitig werfen sie die Arme nach oben. BNS-Anfälle treten meist zwischen dem 3. und 8. Lebensmonat auf. Bei Kindern mit Down-Syndrom wurde festgestellt, dass der Verlauf des West-Syndroms milder ist und sie besser auf die Medikamente ansprechen, als Kinder ohne Down-Syndrom. Die Ursache, warum die Behandlung des West-Syndroms beim Down-Syndrom günstiger verläuft, ist bisher unerkannt.

Hypotonie bei Kindern mit Down- Syndrom

Kinder lernen ihre Umwelt durch Bewegung kennen. Da Kinder mit Down-Syndrom eine langsamere Bewegungsentwicklung zeigen, ist es wichtig sie zusätzlich in ihrer Bewegung zu fördern. Empfohlen ist eine Physiotherapie nach Bobath und Vojta. Die Muskelschwäche (Muskelhypotonie) ist ein Auslöser für die Verzögerung der Motorikentwicklung. Dies gilt auch für die Sprechmotorik. Auch die Sprachentwickung ist nicht altersgerecht. Die ersten Worte spricht das Kind mit Down-Syndrom erst mit 2-3 Jahren. Eine Logopädin sollte hinzugefügt werden.

Beeinträchtigte Mundmotorik

Für Kinder mit Down-Syndrom fällt das schlucken, kauen und sprechen sehr schwer da, sie eine weiche Mund-, Schlund- und Kiefermuskulatur haben, haben oft Polypen und Dauerschnupfen und weisen eine große schlaffe Zunge auf. Deshalb ist bereits im Säuglingsalter eine Therapie nötig (vgl. Siegrun von Loh, S. 387).

Diagnostik

Pränataldiagnostik (Diagnostik vor der Geburt)

  • Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) wird in der 15.-16. Woche durchgeführt und gibt Aufschluss auf dem Gesundheitszustand des Kindes.
  • Triple-Test (Bluttest) ergibt Aufschluss über Trisomie 21. Hierfür muss eine bestimmte Hormonkonzentrationen im Blut der schwangeren Frau vorliegen. Die Werte für Alpha-1-Fetoprotein und E3 sind vermindert, der β-hCG Wert ist erhöht.
  • Nackentransparenzmessung (Embryos mit Trisomie 21 haben einen dickeren Nacken als normale Embryos. Die Messung der Nackendichte erfolgt in der 10-12 Woche.)

Postnataldiagnostik (Diagnostik nach der Geburt)

Nach der Geburt fallen beim Neugeborenen die körperlichen Merkmale auf, die unter postnatalen Erkennungsmerkmalen beschrieben sind. Anhand dieser Merkmale wird eine Chromosomenanalyse aus dem Lymphozyten des Blutes gewonnen.

Diagnostik nach ICD-10

"Die 'Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme' (ICD-10) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt und im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit vom DIMDI ins Deutsche übertragen und herausgegeben." [3]

  • Q90.0 Trisomie 21, meiotische Non-disjunction (Freie Trisomie 21)
  • Q90.1 Trisomie 21, Mosaik (mitotische Non-disjunction)
  • Q90.2 Trisomie 21, Translokation
  • Q90.9 Down-Syndrom, nicht näher bezeichnet

Entwicklungsverlauf von Kindern mit Down-Syndrom

Der Entwicklungsverläufe von Kindern mit Down-Syndrom sind sehr unterschiedlich, von hervorragenden Leistungen bis hin zur erheblichen Mehrachbehinderung. Das Entwicklungstempo ist sehr individuell ausgeprägt und hängt von den Förderungsmaßnahmen ab. Zum größten Teil weisen Menschen mit Down-Syndrom eine leichte bis mittelgradige Intelligenzminderung auf.

  • 1. Lebensjahr: Kinder mit Down-Syndrom zeigen einelangsamere Bewegungsentwicklung, lernen erst spät das Laufen. Auch die kognitive Entwicklung entwickelt sich langsamer.
  • 2.-3. Lebensjahr: Zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr findet wahrscheinlich eine Stagnation statt, da sie Probleme beim symbolischen Denken und dem Sprachgebrauch haben. Die motorische Entwicklung überholt hierbei die geistige Entwicklung.
  • 3.-5. Lebensjahr: Kinder mit Down-Syndrom entwickeln sich nur halb so schnell wie nicht behinderte Kinder, Im Alter von 5 Jahren sprechen die meisten Kinder kurze Sätze. Sie weisen ein gutes Rhythmusgefühl und musikalische Fähigkeiten auf. Aufgrund der Hörstörungen und dem auditiven Kurzzeitgedächtnis entwickeln sich die visuellen Fähigkeiten besser als die auditiven.
  • 6.-7. Lebensjahr: 85 % der Kinder sind lern bis geistig behindert und weitere 10-15 % sind schwerstbehindert. Sie zeigen viel Lernbereitschaft und Lernfreude und lernen sehr gut durch Nachahmung (Imitationslernen). Kinder mit Down-Syndrom lernen praktischen Tätigkeiten besser und können ganz gut konkret anschaulich lernen. Bei komplexen und abstrakten Aufgaben zeigen sie Probleme. Sprach- und Wahrnehmungsentwicklung ist schwächer ausgeprägt (eingeschränkter aktiver Wortschatz, Artikulationsschwierigkeiten).
  • ab 10. Lebensjahr: hier wird häufig eine Entwicklungsverlangsamung beobachtet, jedoch kein Stillstand, die Sprache bleibt meist fehlerhaft. Da die sozial und emotionalen Fähigkeiten in der Regel hoch sind, haben sie keine Probleme Freunde zu finden.
  • Jugendalter: Betroffene Jugendliche sind sehr gewissenhaft in Hilfsberufen (unter Anleitung), sie finden zunehmend mehr Arbeitsplätze in der Gesellschaft

Therapiemöglichkeiten

Menschen mit einer Down-Syndrom benötigten psychosoziale, medizinische, therapeutische sowie pädagogische Hilfen. Sie sind auf Unterstützung angewiesen, um am Leben in der Gesellschaft teilnehmen zu können und um eigene Bedürfnisse entfalten zu können. Psychosoziale Unterstützung muß dem Kind wie dem Erwachsenen signalisieren, "dass es versorgt und geliebt wird (emotionale Unterstützung), dass es Ansehen und Wertschätzung genießt (soziale Unterstützung im engeren Sinne) und das es einem Netzwerk gegenseitiger Verpflichtungen und sinnstiftender Kommunikation angehört (Befriedigung des Zugehörigkeitsbedürfnisses)" [5]. Die Lebenserwartung wird heute auf 50-60 Jahre geschätzt. Ob die Tendenz steigend ist, ist noch unklar. Die angeborene Fehlbildungen, Komplikationen des Kreislaufsystems und der Atemwege scheinen die meisten Todesursachen zu sein.

Um ein erfülltes Leben in der Gesellschaft zu führen, sind Menschen mit Down-Syndrom auf Hilfestellungen in der Bewältigung ihrer täglichen Probleme angewiesen.Dies kann in verschiedenen Förderungsmöglichkeiten umgesetzt werden (sensorische Integration, Sprachanbahnung und Sprachtherapie, Physiotherapie nach Bobath und Vojta, heilpädagogische Frühförderung e.t.c.) Ich gehe hier auf die heilpädagogische Förderung ein und die Sprachförderung ein.

Die heilpädagogische Förderung bei Kindern mit Down-Syndrom

Das soziale Umfeld ist entscheidend. Das Leben mit einem Kind, das anders ist als gewohnt und erwartet, ist umso schwieriger, je stärker die Gesellschaft, in die es hinein geboren wurde, von festen Normvorstellungen und Leistungserwartungen geprägt sind. Es ist umso leichter, je mehr sie sich gegenüber der Vielfalt menschlicher Daseinsformen öffnet und Kinder mit seltenen Genveränderungen trotz ihres Andersseins in die soziale Gemeinschaft integrieren kann. Die Bedeutung der Diagnose für das Kind, die Familie und das soziale Umfeld hängt somit weniger von den biologischen Gegebenheiten ab als von der gesellschaftlichen Akzeptanz genetischer Vielfalt [4].

Heilpädagogische Hausfrühförderung bei Trisomie 21

Wenn ein Kind zur Welt kommt, sind die Eltern überwältigt und freuen sich über ihr Glück. Wird dann jedoch erst nach der Geburt das Down-Syndrom diagnostiziert, bricht für die Eltern die Welt zusammen. Sie verfallen in ein tiefes Loch, erleben einen Schock, Verzweiflung, haben Zukunftsängste und viele Fragen eröffnen sich. Die betroffenen Eltern sind verunsichert, haben meist Unwissen über das Down-Syndrom und ihnen fällt es schwer eine liebevolle Kommunikation zum Kind herzustellen, denn das sogenannte "Wunschkind" geht plötzlich verloren. Hier hat der Heilpädagoge die Möglichkeit die Familie nach der Geburt "ganzheitlich" zu betreuen. Denn wenn somatisch und psychisch nach der Geburt auf die Entwicklung des Kindes eingewirkt wird, kann die Entwicklung des Kindes mit Down-Syndrom forciert werden. Deshalb ist es wichtig, Fachleute von Anfang an mit hinzuzuziehen.Die Ärzte weisen die Eltern hier auf Frühförderstellen und Heilpädagogen hin.

Aufgabe des Heilpädagogen in der Hausfrühförderung

Die heilpädagogische Hausfrühförderung ist anfangs für die Eltern eine wichtige Unterstützung, um ihnen in der schwierigen Phase das Heraussuchen von Therapien zu erleichtern und ihnen mit Einfühlung zur Seite zu stehen (vgl. Siegrun von Loh, S. 390).

Die Aufgabe des Heilpädagogen ist es, die Eltern bei der sensiblen Auseinandersetzung mit dem Thema Trisomie 21 und ihrem Kind zu begleiten. Dies bedeutet, in den ersten Monaten werden mehr die Eltern unterstützt als der Säugling. Diese frühe Intervention ist wichtig, denn die Eltern sollen aus ihrem tiefen Loch herauskommen, damit sie eine liebevolle Beziehung zu ihrem Kind herstellen können und in ihrer Handlungskompetenz gestärkt werden.Sie sollen erkennen, was für Fähigkeiten und Einzigartigkeiten ihr Kind hat. Der Heilpädagoge weist den Eltern die Entwicklungspotenziale des Kindes auf. Im Laufe der Zeit sollen die Eltern sich auf die Bedürfnisse des Kindes einzulassen können, damit es optimal gefördert werden kann. Somit sind die Eltern aktiv im Förderprozess mit eingebunden und der Heilpädagoge unterstützt sie in ihrem Bewältigungsprozess.

Heilpädagogische Frühförderung bei Kindern mit Down-Syndrom

Wichtig für die Arbeit des Heilpädagogen ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die ärztliche und entwicklungspsychologische Diagnostik ist Grundlage für den Förderplan. Es ist z. B. unbedingt abzuklären, ob das Kind mit Down-Syndrom eine Hörschädigung aufweist.

Generell ist es wichtig, dem Kind mit Down-Syndrom die notwendige Zeit zu lassen, die es benötigt, um sich intensiv mit seiner Umwelt auseinander zusetzen. Durch das ständige Wiederholen von Handlungen lernt das Kind sich selbst kennen und seine Umwelt. Dies ist die Voraussetzung für seine Entwicklung.

Der Heilpädagoge sucht geeignetes Material heraus, um die Motorik, die Wahrnehmung, die Kognition und das Sozialverhalten des Kindes optimal zu fördern. Seine Aufgabe ist es, die allgemeine Entwicklung des Kindes im alltäglichen Spiel- und Lernsituationen zu fördern. Hierbei ist es wichtig, auf die Emotion des Kindes achten, die bei der Motivation jeder Handlung eine große Rolle spielt. Kinder mit Down-Syndrom zeigen sehr viel Emotionen und Sozialverhalten. Deshalb ist es wichtig, sie während der Förderung mehr zu loben. Zum Beispiel reagieren Kinder mit Down-Syndrom auf Überforderung sehr empfindlich.

Viele Kinder mit Down-Syndrom sind musikalisch und haben ein gutes Rhythmusgefühl. Dies kann als Medium für den Sprachaufbau sehr gut eingesetzt werden. Für den Sprachaufbau ist es sehr hilfreich, anfangs Kniereiterspiele einzusetzen. Diese fördern das Nachahmungsverhalten und regen zum Mitmachen an. Mehr über die Sprachförderung erfahren sie im anschließenden Text.

Heilpädagogische Begleitung eines Kindes mit Down-Syndrom im Kindergarten

Wenn ein Heilpädagoge ein Kind mit Down-Syndrom im Kindergarten betreut, ist besonders auffällig, dass Kinder mit Down-Syndrom im sprachlichen und motorischen Bereich einen Unterschied zu nicht behinderten Kindern zeigen. Doch im Spielverhalten unterscheiden sie sich kaum von anderen Kindern. Da Kinder mit Down-Syndrom sehr gut im Nachahmungsverhalten lernen, ist das gemeinsame Spiel in der Gruppe sehr wichtig für seine Entwicklung. Es lernt von den anderen Kindern beim Sport, Musizieren, Malen und Sprechen. Das Kind mit Down-Syndrom kann bei allen Aktivitäten mitmachen, auch wenn es einige Dinge noch nicht so gut kann. So bekommt es das Gefühl dazu zugehören und dies steigert das Selbstvertrauen. Daher halte ich es für sehr wichtig, das ein Kind mit Down-Syndrom in einer Integrationsgruppe eingegliedert wird. Während des Tagesablaufes ist zu beachten, dass Kinder mit Down-Syndrom eine Regelmäßigkeit und eine feste Tagesstruktur haben, denn sie können sich nicht auf die Spontanität einlassen. Durch die Regelmäßigkeit lernt es dann auch, z. B. selbständig seinen Kleiderhaken zu finden oder nach dem Essen sich die Hände zu waschen. Generell sind die Kinder mit Down-Syndrom in der Lage Verhaltensregel zu lernen, es dauert nur etwas länger und erfordert viel Konsequenz von den Bezugspersonen, Heilpädagogen und Erzieherinnen.

Sprachförderung bei Kindern mit Down-Syndrom

Kinder mit Down-Syndrom haben deutliche Sprachentwicklungsverzögerung. Bei der Sprachförderung muss immer überprüft werden, ob eine Hörschädigung vorliegt. Weiterhin ist zu beachten, dass die auditive Wahrnehmungs- und Speicherungsfähigkeit eingeschränkt ist, so dass mehr die Förderung auf visuelle Reize zu setzten ist. Hier ist zusammengestellt, wie sich die Kinder mit Down-Syndrom in den ersten Lebensjahren sprachlich entwickeln.

1. Lebensjahr

Achtet man auf die anfangs noch unverständlichen lautlichen Äußerungen und gibt daraufhin gezielt Antworten, findet schon ein Gespräch statt. Hiermit zeigt man dem Kind, dass es durch Kommunikation einen Einfluss auf seine Umgebung nehmen kann und dies ist sehr wichtig für die Sprechmotivation. Zeigt das Kind keine Sprechinitiative, setzt die Logopädin die Lautanbahnung und Sprachförderung ein. Die Logopädin beginnt mit mundmotorischen Übungen ("orofaciale Therapie" oder auch mit der Therapie nach Castillo Morales), da Kinder mit Down-Syndrom eine geringe Muskelspannung aufweisen.

2.- 4. Lebensjahr

Die ersten Worte sprechen Kinder mit Trisomie 21 meist im Alter von 2-3 Jahren. Je nach Förderung beginnen einige Kinder aber auch schon eher zu sprechen. Da Kinder mit Down-Syndrom Schwierigkeiten bei längeren Handlungsabläufen zeigen, ist es ratsam, nicht zu viele Anweisungen direkt nacheinander zu geben. Sprechen sie in kurzen Sätzen und warten sie die Reaktion des Kindes ab. Es ist durchaus möglich, dass die Reaktion verlangsamt ist und die Antwort erst später kommt.

Beim Sprechen ist darauf zu achten, dass das Kind mit Down-Syndrom angesehen wird, denn sie können dann besser von den Lippen ablesen. Während sie mit dem Kind sprechen, begleiten sie selbst ihre Handlungen mit Gestik und Mimik. Zum Beispiel sagen Sie dem Kind: "Zieh deine Hose hoch“ und deuten das Hose hochziehen an. Das Wort Hose kann somit besser gespeichert und wieder abgerufen werden, da es durch die visuelle Methode besser unterstützt wird. Zusätzlich kann ab dem 2. Lebensjahr das Sprechenlernen mit der visuellen Methode "GuK" unterstützt werden. "GuK" steht für die Abkürzung Gebärden-unterstützende Kommunikation.

GuK-Gebärden-unterstützende Kommunikation

Mit dem GuK-Programm kann begonnen werden, sobald das Kind auf Kniereiterspiele eingeht und in der normalen Enwicklung Gesten zeigt. GuK kommt für die Kinder in Frage, die noch nicht sprechen können. Die Sprache wird durch Gebärden und Bildkarten unterstützt. Bei den ersten Gebärden sollten sie sich auf Wörter beziehen, die ganz individuell für das Kind wichtig sind. Somit wird die Lernmotivation gesteigert.

Positiv am GuK Programm ist, dass die Auswahl situationsbezogen erfolgen kann. Die Aufmerksamkeit wird gefördert und Verwechslungen werden durch ähnlich klingende Phoneme (Buch-Tuch) werden durch Gebärden vermieden. Ein wichtiger Aspekt ist hier auch, dass durch die Verbindung von Wort und Gebärde Kinder besser in der Lage sind, sich an die Wörter wieder zu erinnern (vgl: WILKEN 1997, S. 105). Auch Eltern können das GuK-Programm zu Hause gut einsetzen. Sie lernen mit dem Kind gemeinsam die benötigten Gebärden. Bitte achten sie als Eltern darauf, dass bei Kindern mit Down-Syndrom das Antwortverhalten häufig sehr verzögert ist.

5.-6. Lebensjahr

Die Kinder mit Down-Syndrom sprechen nun in 2-3 Wortsätzen. Die Grammatik und die Artikulation ist meist fehlerhaft. Ihr aktiver Wortschatz ist eingeschränkt und sie weisen Artikulationsprobleme auf. Der passive Wortschatz ist weniger eingeschränkt.

Schulalter

Die Kinder holen den Spracherwerb auf, weisen jedoch meist weiterhin Artikulationsfehler auf.

Selbstständigkeit

... bei der Wohnungssuche

Wenn Kinder erwachsen werden, möchten sie irgendwann ihr Elternhaus verlassen, eine eigene Wohnung besitzen, einen Partner finden und eine Familie gründen. Auch Jugendliche mit Down-Syndrom haben den Wunsch auf eigenen Füßen zu stehen. Dies wird glücklicherweise heute mehr unterstützt als früher. Früher waren von Trisomie 21 Betroffene meist im Wohnheim untergebracht. Von einer Integration in die Gesellschaft konnte kaum eine Rede sein.

Deshalb ist es wichtig, dass Eltern und Fachleuten Jugendliche mit Down-Syndrom in ihrer Entwicklung unterstützen, damit sie später ein unabhängiges Leben im Erwachsenenalter führen können. Ziel ist es, dass Eltern und Fachleute ihnen zu mehr Selbstbestimmung und Selbstsicherheit verhelfen. Es besteht die Möglichkeit, dass Jugendliche mit Down-Syndrom in Außenwohngruppen selbständig leben oder eigene Wohngemeinschaften gründen. Einige leben auch selbständig in Wohnungen. Dort können sie von Assistenten pädagogisch betreut werden. Die Aufgabe der Assistenten ist es, jene Tätigkeiten zu erledigen, welche die behinderte Person nicht selber ausführen kann. Finanziert werden die Assistenten von den Ämtern für Soziale Dienste (§68 BSHG) und den Pflegekassen (§55,1 SGB 11).

... bei der Arbeitswahl

Im Grundgesetz Artikel 3, Abs. 3 ist festgelegt: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Leider ist hier ein großer Unterschied zwischen den Gesetz und dem Arbeitsmarkt. Meist arbeiten Menschen mit Down-Syndrom nur in Werkstätten für Behinderte. Sie sind unter sich und die Integration scheitert hier. Jedoch gibt es einige Arbeitnehmer, die auch Menschen mit Down-Syndrom einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft anbieten, z. B. einige Gärtnerei, Cafés, Supermärkte, Wäschereien.

Ein weiteres Programm ist "Job4000" (Jobs ohne Barrieren). Die berufliche Integration schwerbehinderter Menschen soll somit gezielt vorangetrieben werden. Hiermit werden mehr Arbeitsmöglichkeiten außerhalb von Werkstätten geschaffen. Das Programm "Job4000" verfolgt 3 Ziele: Schaffung neuer Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen, Schaffung neuer Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Jugendliche und Unterstützung schwerbehinderter Menschen durch Integrationsfachdienste. Das Bundesarbeitsministeriums und die Länder starteten 2007 das Programm. Das Bundesministerium stellt 30 Mio. Euro zur Verfügung und die Länder stellen zusätzlich rund 20 Mio. Euro bereit. Mehr erfahren sie unter Job4000.

... bei der Sexualität

Menschen mit Down-Syndrom entwickeln eine ganz normale Sexualität wie jeder andere auch. Sie suchen die Nähe nach Zärtlichkeit, wie jeder andere auch und einige wollen auch heiraten und Kinder bekommen. Hier ist es wichtig, dass der Wunsch nach Partnerschaft und Sexualität von Fachleuten bzw. von den Bezugspersonen begleitet wird. Keinesfalls sollte es zu einer Verdrängung oder Tabuthema führen. Viele Frauen bekamen und bekommen auch heute noch Verhütungsspritzen oder die Pille und die Männer sind meistens unfruchtbar (bei der Freien Trisomie 21). Was passiert wenn eine Frau mit Down-Syndrom schwanger wird? Das Risiko, dass eine Frau mit Trisomie 21 und ein Mann ohne Trisomie 21 ein Kind mit Down-Syndrom bekommt, liegt bei 50 %. So ist es möglich, dass Frauen mit Down-Syndrom ein gesundes Baby zur Welt bekommen.

Quellen und weitere Informationen

  • [1] www.down-syndrom.at
  • [2] wikipedia.org
  • [3] www.dimdi.de
  • [4] Vom Defekt zur Vielfalt. Ein Beitrag der Humangenetik zu gesellschaftlichen Wandlungsprozessen, Zeitschrift für Heilpädagogik, STENGEL-RUTKOWSKI S. (2002) S. 53, 46-55
  • [5] Sprachförderung bei Kindern mit Down-Syndrom, Wilken, Etta, Edition Marhold Berlin (1997); 7. Auflage
  • Soziale Unterstützung und chronische Krankheit. Zum Stand sozialepidemiologischer Forschung, Badura, B., Suhrkamp, Frankfurt (1981)
  • Entwicklungsstörungen bei Kindern: Medizinische Grundlagen für pädagogische und therapeutische Beruf, Siegrun von Loh,Kohlhammer; 1. Auflage (2003)
  • www.trisomie21.de
  • www.down-syndrom.at
  • www.familienhandbuch.de
Über die Autorin/den Autor
Diana Saft ist staatlich anerkannte Heilpädagogin und Heilerziehungspflegerin. Sie sammelte bisher Erfahrungen in einem Seniorenheim, in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, in einem integrativen Kindergarten und in einem deutschen Kindergarten in den USA.

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