Kindzentrierte Spiel- und Kommunikationstherapie

Kindzentrierte Spiel- und Kommunikationstherapie

In diesem Artikel werden die Ziele, Methoden und Hintergründe der kindzentrierten Spiel- und Kommunikationstherapie nach Joachim von Luxburg dargestellt.

Die kindzentrierte Spiel- und Kommunikationstherapie nach Joachim von Luxburg ist eine Weiterentwicklung der nicht-direktiven Spieltherapie nach AXELINE. Joachim von Luxburg geht davon aus, dass - wie bei Axeline - seine kindzentrierte Einstellung den Erfolg der Therapie begründet. Der Ansatz dieser Therapieform entspricht dem Wachstumsmodell von ROGERS.

Es gibt folgende Unterschiede zur nicht-direktiven Spieltherapie:

  • Einbeziehung nicht-verbaler Kommunikation
  • verschiedene Formen der Strukturierung durch den Therapeuten
  • Einbeziehung von Methoden der nicht-verbalen Lenkung nach BANDLER & GRINDER (1979)
  • Unterscheidung von zwei Phasen der Therapie (vgl. Luxburg, Joachim von, S.42 f)

Das kindzentrierte Spielen kann nicht nur in der Therapie sondern auch im Rahmen des Kindergartenalltags eingesetzt werden. Voraussetzung ist die kindzentrierte Einstellung der Erzieherin/der Heilpädagogin.

Zielgruppe der kindzentrierten Spiel- und Kommunikationstherapie

Die kindzentrierte Spiel- und Kommunikationstherapie nach Joachim von Luxburg ist für Kinder im Alter von 3 bis 7 Jahren geeignet, welche ein Entwicklungsalter von etwa 1 bis 3 Jahren aufweisen. Verbale Fähigkeiten sowie die Einsicht in die eigenen emotionalen Probleme setzt der Autor nicht voraus. Insgesamt werden 30-50 Therapiestunden eingeplant. Das kindzentrierte Spielen sollte nach der Therapie von einer Heilpädagogin oder Erzieherin mit entsprechender Ausbildung in den Gruppenalltag integriert werden (vgl. Luxburg, Joachim von, S.43).

Diese Therapieform ist geeignet für Kinder mit ...

  • geringem Selbstwertgefühl
  • sozialen Ängsten
  • übermäßiger Abhängigkeit gegenüber Erwachsenen

Ziele der kindzentrierten Spiel- und Kommunikationstherapie

Die einzeln hier genannten Ziele sind in ihrem Zusammenhang zu sehen.

  • Das Kind soll in der Therapie lernen, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen. Es lernt seine Aufmerksamkeit auf Gegenstände, Menschen und Ereignisse zu richten.
  • "Im Umgang mit Gegenständen und Personen erlebt es angenehme Gefühle und Selbstbestätigung, so dass eine dauerhafte Motivation zu aktivem Handeln und zum Kontakt entsteht." (Luxburg, Joachim von, S. 43)
  • In einer geschützten Atmosphäre lernt das Kind seine Gefühle bewusst kennen und hat Gelegenheit, sie auf seine Art und Weise auszudrücken.
  • Im Laufe der Therapie lernt das Kind, seine eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen. Dies stärkt sein Selbstbewusstsein enorm.
  • "Es wird so selbständig und unabhängig von den Erwachsenen [...], wie es sein kognitiver und motorischer Entwicklungsstand zulässt. Es äußert die Hilfe nur dann, wenn es erforderlich ist." (Luxburg, Joachim von, S. 43)
  • Gleichaltrige Kinder nehmen einen großen Stellenwert für das Kind ein. Hier lernt das Kind von den anderen Kindern durch Nachahmung und Interaktion.

Therapiephasen und Methoden der kindzentrierten Spiel- und Kommunikationstherapie

Therapiephase 1

Das wichtigste Ziel der ersten Therapiephase besteht in einem guten emotionalen Kontakt zwischen dem Kind und der Therapeutin. Das Kind erfährt Wahrnehmungen aus den verschiedenen Sinneskanälen und erlebt hierbei angenehme Gefühle. Hierbei setzt die Therapeutin Formen der Lenkung ein. (Die Formen der Lenkung werden im Teil "Methoden" näher beschrieben.) In der ersten Phase arbeitet die Therapeutin sehr viel mit Berührung und Körperkontakt.

Therapiephase 2

In der zweiten Therapiephase nimmt die Therapeutin die Lenkung mehr zurück. Ihre Aufgabe ist es hier, die positiven und negativen Gefühle des Kindes widerzuspiegeln/zu reflektieren.

Methoden

Hier werden Methoden der kindzentrierten Spiel- und Kommunikationstherapie dargestellt.

Akzeptieren und Kommunizieren auf der Ebene des Kindes

Das Einfühlungsvermögen der Therapeutin ist für diese Therapieform entscheidend. Die eigenen Bedürfnisse werden zurückgestellt und die des Kindes werden beachtet. Im Verhalten des Kindes werden die besonderen Fähigkeiten erkannt und respektiert.

Beim Spiel ist es wichtig, dass die Therapeutin nicht das Kind unterbricht oder es reflektiert. Das Kind bestimmt die Zeit. Somit lässt sie dem Kind die Zeit, Kontakt mit ihr aufzunehmen oder eine Tätigkeit anzufangen. Die Spiele des Kindes werden von der Therapeutin akzeptiert. Rollen, die der Therapeutin zugewiesen werden, werden in der Regel auch angenommen. Es kommt vor, dass die Therapeutin die ihr zugewiesene Rolle oder die Verhaltensweise des Kindes nicht annehmen kann. Die Ablehnung begründet die Therapeutin und reflektiert dabei die Gefühle oder Verhaltensweisen des Kindes (vgl. Luxburg, Joachim von, S. 44).

Räumlich gesehen begibt sich die Therapeutin in Augenhöhe des Kindes. Bei Kindern mit einem sprachlichen Entwicklungsrückstand passt sie sich dem Sprachniveau des Kindes an. Bei Kindern, die noch keine Mehrwortsätze sprechen, gebraucht die Therapeutin beispielsweise einfache Satzbildungen wie "Ben spielt Ball". Besonders wichtige Worte werden betont.

Verankern positiver Gefühle

Die Therapeutin zeigt ihre eigenen positiven Gefühle beim Spiel bzw. bei der Kontaktaufnahme. Ihre Gefühle drückt sie dabei nicht-verbal aus (Mimik und Stimmführung). Hierbei schafft sie ein Modell für das Kind und sie, sich positiver Gefühle bewusst zu werden.

Zusätzlich motiviert die Therapeutin das Kind, sich aktiv an der Therapie zu beteiligen und seine Fähigkeiten zu vertiefen. Die Therapeutin verbindet die freudigen Gefühle des Kindes mit bestimmten Signalen (z.B. Ausruf), um so einen Anker (Auslöser) für positive Gefühle aufzubauen. Das Verankern dieser positiven Gefühle gehört zu Phase 1 (vgl. Luxburg, Joachim von, S. 45).

Reflektieren positiver Gefühle

Das Reflektieren (Widerspiegeln) von Gefühlen wird oftmals in der Phase 2 angewandt. Durch nicht-verbale Kommunikationsmittel (Mimik, Gestik, Körperhaltung) drückt die Therapeutin das Gefühl des Kindes aus. Durch diese Haltung merkt das Kind, dass es akzeptiert wird, da keinerlei Aufforderungen von ihm verlangt werden.
Ziel der Reflektion ist es, dass das Kind lernt, seine eigenen Gefühle besser wahrzunehmen. Das Reflektieren der Gefühle bewirkt beim Kind eine Veränderung. Es lässt sich durch die vom Therapeuten gezeigten Gefühle anstecken und ahmt Ausdrucksbewegungen nach. Negative Gefühle (Ärger, Wut, Angst usw.) sollte die Therapeutin nur verbal widerspiegeln, da nicht-verbale Kommunikationsmittel bei dem Kind Angst auslöst (Luxburg, Joachim von Joachim S. 45).

Setzt die Therapeutin verbales Reflektieren ein, dann orientiert sie sich in erster Linie am Sprachverständnis des Kindes. Nach Möglichkeit benennt sie die Gefühle des Kindes, z.B. "Du bist traurig, du ärgerst dich, dir ist langweilig...". Die verbale Reflektion setzt die Therapeutin vor allem ein, wenn das Kind selbst in der Lage ist, Gefühle und Wünsche zu äußern. "Je mehr es [ihr] gelingt, sich gefühlsmäßig auf das Kind einzustellen, desto eher kann sie tatsächlich Gefühle reflektieren, verbal oder nicht-verbal" ( Luxburg, Joachim von, S. 45). Als Hilfsmittel kann die Therapeutin auch Handpuppen oder Stoffpuppen einsetzen. Die Handpuppen sprechen dann in spielerischer Weise mit dem Kind.

Rückmelden

Mit dem Reflektieren erhält die Therapeutin eine Rückmeldung über die Wirkung ihres Verhaltens auf das Kind. Rückwirkungen haben oft verstärkende Wirkung, z. B. "Du freust dich, dass du deine Blume selbst ausgeschnitten hast." Mit dieser Rückmeldung unterstützt sie das Kind, den eigenen Erfolg wahrzunehmen und das Kind gewinnt an Selbstvertrauen. Bewertungen und Lob wie "tüchtig, fleißig, prima" usw. vermeidet die Therapeutin, weil sie sonst das Verhalten des Kindes nach ihren Vorstellungen formen würde. Das Rückmelden ist also nicht mit Lob gleichzusetzen.

Strukturieren des Spielangebots

Die Strukturierung des Spiels entsteht durch die Auswahl des Spielmaterials, durch die Lenkung der Aufmerksamkeit des Kindes sowie durch gezielte Spielangebote.
Ziel der Strukturierung ist es, das ein positiv erlebtes, kontaktreiches Spiel entsteht.
Die Lenkung ist aber nur so groß, wie es notwendig ist, um das Kind zur Aufnahme von positiv erlebten Aktivitäten zu führen (vgl. Luxburg, Joachim von, S. 46).

Formen der Lenkung

Solange ein Kind spielt, Außenreize wahrnimmt und mit anderen Kindern in Kontakt tritt, ist eine Lenkung nicht erforderlich.
Eine Lenkung sollte von der Therapeutin nur erfolgen, wenn das Kind passiv bleibt, sich von der Gruppe isoliert oder stereotype Bewegungen zeigt. Die Therapeutin hat einige Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Spielmaterial zu lenken. Diese können sein:

  • Räumliche Anordnung: Das Spielmaterial wird im Gesichtsfeld des Kindes platziert.
  • Optische und akustische Merkmale: Die Therapeutin bewegt das Spielmaterial.
  • Modell eines anderen Kindes: Die Therapeutin zeigt dem Kind, dass ein anderes Kind mit dem Material spielt.
  • Modell der Therapeutin: Die Therapeutin spielt selbst mit dem Material.
  • Wünsche eines anderen Kindes: z. B. "Schau, der Franz will mit dir eine Burg bauen!" (vgl. Luxburg, Joachim von, S. 46f)

Lehnt das Kind die Spielmaterialien ab, fragt die Therapeutin das Kind, ob es spielen möchte. Es ist wichtig, dass das Kind dies nicht als Aufforderung, sondern als ein Angebot wahrnimmt. Fragen könnten z.B. sein "Möchtest du ...? Möchtest du nicht ...?" Falls das Kind das Angebot ablehnt, kann die Therapeutin die Gefühle des Kindes reflektieren.

Spielmaterial

Bei der Auswahl des Spielmaterials sollte die Therapeutin einige Dinge im Voraus beachten: Das Spielmaterial richtet sich in erster Linie nach dem Entwicklungsstand des Kindes. Die sensorischen, motorischen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten berücksichtigt sie entsprechend. Bei der Spielauswahl geht die Therapeutin ebenfalls auf die Interessen und Lieblingsbeschäftigungen des Kindes ein. Des Weiteren schaut die Therapeutin, welche Sinneskanäle das Kind am häufigsten und wie lange nutzt.

Wichtig bei der Auswahl des Spielmaterials ist außerdem, dass das Material mehrere Sinneskanäle anspricht. "Intensive Sinneserfahrungen sind wesentlich für den Aufbau einer emotionalen Bedeutung von Spielmaterialien [...] und Voraussetzung für die weitere kognitive Verarbeitung und Sprachentwicklung" (Luxburg, Joachim von, S. 48).

Grenzen setzen

Das setzen von Grenzen hat eine therapeutische Funktion. Dem Kind werden die sozialen Schranken seiner Tätigkeit aufgezeigt. In der Therapie lernt das Kind wesentliche soziale Regeln kennen. "Die Grenzen betreffen: Aggression, Selbstaggression, Zerstören von Gegenständen [...]" (Luxburg, Joachim von, S. 47). Überschreitet das Kind die genannten Grenzen, so reagiert die Therapeutin sofort und unterbricht das Verhalten des Kindes. Die Therapeutin begründet ihre Grenzsetzung mit den allgemeinen sozialen Regeln. So könnte die Therapeutin z. B. sagen: "Schlagen ist verboten! Wir schlagen uns nicht, weil wir uns dabei wehtun!"

Literatur

  • Luxburg, Joachim von: "Geistige Behinderung, kindzentrierte Spiel- und Kommunikationstherapie", 1984
Über die Autorin/den Autor
Diana Saft ist staatlich anerkannte Heilpädagogin und Heilerziehungspflegerin. Sie sammelte bisher Erfahrungen in einem Seniorenheim, in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, in einem integrativen Kindergarten und in einem deutschen Kindergarten in den USA.

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