Heilpädagogische Anamnese

Heilpädagogische Anamnese

Das Wort Anamnese stammt aus dem Griechischen und bedeutet Erinnerung, Wiedererinnerung und Gedächtnis. Ziel einer Anamnese ist es, Informationen zum biografischen Hintergrund eines Kindes zu erhalten. Nach einer Anamnese sowie ärztlicher Untersuchung kann eine Diagnose und ein (heilpädagogischer) Förderplan erstellt werden.

Für die heilpädagogische Arbeit ist vorab eine ärztliche Anamnese erforderlich. "Der Arzt fragt dabei nach der Lebensgeschichte des Kindes und ggf. der Vorgeschichte einer Krankheit bzw. Behinderung. Der Arzt gibt Auskunft über mögliche körperliche Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen." (http://www.kordination.de/index.php?id=4)

Ziel der heilpädagogischen Anamnese

Das Ziel der heilpädagogischen Anamnese ist es, ein detailliertes Bild von der Entwicklung und Persönlichkeitsstruktur des Kindes zu erhalten. Damit sollen Rückschlüsse auf psychische Vorgänge gezogen werden können, die die Störungen des Kindes verursachen. Wichtig hierfür sind die gesamte Biographie des Kindes sowie Kenntnisse über aktuelle Verhaltensweise. Das heißt, der Heilpädagoge erhält Informationen über die Entwicklung des Kindes und wichtige Daten aus der klinischen Psychologie (z. B. über Nägelkauen). Die Sozialentwicklung sowie die Persönlichkeitsentwicklung spielen hier eine große Rolle. Ein weiteres wichtiges Ziel der heilpädagogischen Anamnese ist die Förderung einer Vertrauensbasis zwischen den Eltern und dem Heilpädagogen.

Teilbereiche der heilpädagogischen Anamnese

Bei der heilpädagogischen Anamnese werden die Eltern zu einem Gespräch eingeladen. Die Eltern berichten nach Fragestellungen des Heilpädagogen über die Entwicklung und Schwierigkeiten des Kindes. Der Heilpädagoge kann hier auf verschiedene Anamnese-Schemata zurückgreifen. Viele Autoren bieten solche Schemata an.

Biografie des Kindes

Die Eltern erzählen von der bisherigen Entwicklung des Kindes. Somit erfährt der Heilpädagoge Zusammenhänge beginnend von der Geburt bis zur Gegenwart. Mindestens folgende Punkte sollten besprochen sein: Schwangerschaft, Geburt, erstes Lebensjahr, Sprachentwicklung, Reinlichkeitserziehung, Trotzverhalten, Sozialentwicklung und frühe Kindheit.

Aus den Resultaten der Biografie des Kindes gewinnt der Heilpädagoge Zusammenhänge und sogenannte Risikofaktoren ergeben sich aus dem Gespräch. Risikofaktoren sind: Kommunikation zwischen Kind und Bezugsperson, Beziehung zur Bezugsperson, Erziehungsart, Konflikte, fehlende Sprachentwicklung, wiederholtes Einnässen, Aggressionen, Eltern-Kind Probleme, Behinderung des Kindes etc.

Familienanamnese

Hier erhält der Heilpädagoge wichtige Informationen zur Erziehungsmethode, Geschwistersituation sowie Normen und Werte im Elternhaus.

Risikofaktoren aus der Familienanamnese sind z. B. Krankheiten in der Familie, Trennung, Familienkonflikte, Einzelfamilie, Patchworkfamilie, Herkunft der Familie, alleinerziehende Mutter/Vater, fehlende soziale Normen und Werte.

Sozialanamnese

Der Heilpädagoge erhält Informationen über die soziale Integration des Kindes (z. B. Verhalten in der Kindertagesstätte). Auch der Wohnort und der äußere Lebensrahmen sollten beim Anamnesegespräch einbezogen werden.

Risikofaktoren sind z.B. aggressives Verhalten in der Kindertagesstätte bzw. Schule, Rückzugsverhalten, Kind spielt allein, das Kind spricht nicht etc.

Spezielle Fragen

Wenn der Heilpädagoge über eine bestimmte Verhaltensproblematik informiert ist, kann er zusätzliche Fragen über diese Verhaltensabweichung stellen. Nässt ein Kind z. B. tagsüber ein (Enuresis), können zusätzliche Fragen nach der Ursache einen weiteren Zusammenhang ergeben. Hierfür gibt es spezielle Fragebögen.

Aktuelle Situation

Der Heilpädagoge erhält Informationen über die Sozialentwicklung des Kindes und mögliche Probleme. Des weiteren berichten die Eltern über die Bedürfnisse und Gefühlslage des Kindes aus ihrer Sicht. Der Heilpädagoge fragt nach Vorlieben, Interessen und Abneigungen, die für die Motivation in der Therapie sehr nützlich sein können.

Durchführung der Anamnese

  • Die Einleitung: Freundliche Begrüßung, lockerer Gesprächseinstieg
  • Die Explorationsphase: Fragen zur Vergangenheit und zur Gegenwart des Kindes. Das Problem steht dabei im Mittelpunkt, der Heilpädagoge gibt keine Problemlösungen vor. Der Heilpädagoge stellt konkrete Fragen und hört aktiv zu.
  • Die Konstruktionsphase: Fragen zu Gegenwart und Zukunft werden gestellt. Der Heilpädagoge nutzt die aus der Explorationsphase erhaltenen Informationen, um eine Problemlösung zu ermöglichen. Versetzt man z. B. die Eltern in die Lage des Kindes, kann man eventuell eine Veränderung in der Denkweise herbeiführen.
  • Gesprächsabschluss:Die Beteiligten klären offene Punkte und Ziele werden festgelegt.

Weitere Informationen

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Über die Autorin/den Autor
Diana Saft ist staatlich anerkannte Heilpädagogin und Heilerziehungspflegerin. Sie sammelte bisher Erfahrungen in einem Seniorenheim, in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, in einem integrativen Kindergarten und in einem deutschen Kindergarten in den USA.

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