Ursachen des Autismus

Ursachen des Autismus

Allgemein

Es gibt trotz umfangreicher Forschungsergebnisse bislang noch kein Erklärungsmodell, das vollständig und schlüssig die Entstehungsursachen der autistischen Störung belegen kann. Fest steht, dass die autistische Störung durch verschiedene Faktoren, die teilweise in Wechselwirkung miteinander stehen, ausgelöst wird und meist eine gewisse allgemeine kognitive Beeinträchtigung besteht. Eine einheitliche Ursachenerklärung ist auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, da alle bisherigen Erkenntnisse diese Multikausalität als Verursachung der autistischen Störung belegen. Durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren kann man sich die Entstehung der autistischen Störung folgendermaßen vorstellen: Eine exogene Hirnschädigung oder eine mit Hirnbeteiligung verbundene Krankheit trifft mit einer zum Autismus neigenden erblichen Disposition zusammen und bewirkt eine kognitive Störung. Dazu kommen während der Entwicklung noch sekundäre Faktoren wie soziale und emotionale Einflüsse und Erziehungspraktiken. Im Folgenden werden die bisher bekannten möglichen Verursachungstheorien über Autismus vorgestellt.

Ursachen aus biologischer, genetischer, neurologischer und biochemischer Sicht

Psychologische Ursache von Autismus

Jahrzehnte lang ging man von psychosozialen Aspekten als Ursache des frühkindlichen Autismusaus. Das Verhalten der Mutter (Eltern) soll nach dieser Theorie eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Autismus spielen. Es wurde angenommen, dass ablehnendes Verhalten der Mutter, welche keine normalen Instinkte gegenüber ihrem Kind entwickelt, der Auslöser für dessen Zurückgezogenheit sei. Das Kind schütze sich mit seinem Rückzug in sein Inneres vor den Enttäuschungen und Verletzungen, die es durch die emotionale Ablehnung von der Mutter erfährt. Das Kind wird dadurch in seiner Persönlichkeitsentfaltung gehindert und ist später nicht fähig, Kontakt zu seiner Umwelt aufzunehmen. In den 60er Jahren meinte man, dass Autismus nicht ursächlich auf das Fehlverhalten der elterlichen Erziehung zurückzuführen ist. Es zeigte sich jedoch, dass diese Theorie keine allgemeine Gültigkeit haben konnte. Man konnte den Eltern autistischer Kinder keine besondere emotionale Kälte oder Ablehnung ihrer Kinder nachweisen. So stellte man z.B. bei Kindern, die unter extremer Vernachlässigung aufwuchsen, keinerlei autistische Züge fest, entdeckte aber gleichzeitig, dass bei manchen Kindern trotz einer liebevollen Mutter Merkmale des Autismus zu verzeichnen waren. Die Forschungsuntersuchungen der letzten Jahre entlasten die Eltern von ihrer "Schuld", Auslöser für das autistische Verhalten ihres Kindes zu sein.

Genetische Faktoren für Autismus - Ist Autismus vererbbar?

Seit kurzem werden genetische Aspekte diskutiert, da neueste Studien aus den USA Hinweise auf einen genetischen Fehler, der die Entwicklung bei der Ausbildung des Stammhirns nach sich zieht, ergaben. Die Vererbung spielt als Ursache des Autismus eine nicht unerhebliche Rolle. Unschlüssig sind sich die Forscher allerdings, ob die autistische Störung an sich vererbt wird. Viel eher geht man davon aus, dass sich die Erbeinflüsse auf einzelne Teilkomponenten (z.B. die kognitive Störung) der autistischen Störung beziehen. Zur Argumentation stützt man sich auf Familien- und Zwillingsstudien. Zwillingsstudien liefern die Beweise für diese genetische Verursachungstheorie. Hier stellte man heraus, dass bei eineiigen Zwillingspaaren, gegenüber Zweieiigen, wesentlich häufiger beide Kinder von autistischen Zügen betroffen sind. Familienstudien gaben Hinweise auf eine familiäre Häufung des Autismus, da unter den Blutsverwandten der Autisten 10mal häufiger als sonst eine weitere autistische Störung zu finden ist. Auch stellte man fest, daß bei Geschwisterkindern der Autisten vermehrt Sprachentwicklungs-störungen oder geistige Defizite auftreten. Molekularbiologische Untersuchungen haben zudem ergeben dass auf bestimmte Chromosomen Gene liegen, welche mit großer Wahrscheinlichkeit für die Verursachung der autistischen Störung verantwortlich sind.

Hirnorganische und neurologische Faktoren des Autismus

Heute konzentriert man sich bei der Suche nach den Ursachen des Autismus auf die biologisch bedingte Störung der Hirnfunktion, die zu Funktionsstörungen im zentralen Wahrnehmungsapparat führen. Als Nachweis dienen verschiedene neurologische Veränderungen und Erkrankungen. Bei Hirnuntersuchungen autistischer Kinder stellte man gestörte Hirnstromwellen und verminderte Hirndurchblutung fest und konnte nachweisen, dass vor allem die Hirnregionen, welche im Zusammenhang mit der Sprachentwicklung und dem Sozialverhalten stehen, bei autistischen Kindern unterentwickelt sind. Je nach Ausmaß der Hirnveränderung treten die Symptome in unterschiedlicher Intensität auf. Etwa 1/3 der Autisten leiden zudem später an epileptischen Anfällen. Eine große Anzahl autistischer Kinder erlitt Sauerstoffmangel während der Geburt (exogener Hirnschädigung) oder erlitten im frühen Säuglingsalter Hirn- oder Hirnhautentzündung, was zurSchädigung des zentralen Nervensystems führen und eine Hirnschädigung zur Folge haben kann. Die Diagnose lautet dann „frühkindlicher Autismus" bei frühkindlichem Hirnschaden. Eine Erkrankung der Mutter an Röteln erhöht das Risiko, dass das Kind autistische Züge entwickelt um zirka das 10fache, da der Rötelvirus unter anderem das Wachstum des Gehirns beeinträchtigt. Auch ein erhöhter Blutzuckerspiegel der Mutter während der Schwangerschaft könnte sich als hirnschädigender Auslöser einer autistischen Störung auswirken.

Biochemische Befunde

Untersuchungen von Stoffwechselprozessen autistischer Kinder haben eine Abweichung vom Spiegel einiger Hormone (No/Adrenalin) und Nervenbotenstoffen (Dopamin) ergeben. Wie auch bei Kindern mit geistiger Behinderung haben viele Autisten einen erhöhten Spiegel des Hirnbotenstoff Serotin. Die Gründe dafür sind allerdings ungeklärt. Im Weiteren reagiert das Immunsystem einiger Autisten auf diesen körpereigenen Stoff (ebenso wie auf die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin) mit Abwehrreaktionen. Diese biochemischen Störungen werden zur Erklärung derAufmerksamkeitsdefizite, des anormalen Sozialverhaltens und der häufigen Lernschwierigkeit der Autisten herangezogen. Als mögliche Störungsursachen gelten auch der Mangel an essentiellen Stoffen, wie Vitaminen, Fettsäuren, die durch einseitige Ernährung oder Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft hervorgerufen werden.

Über die Autorin/den Autor
Alexandra May ist Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (FH). Zusätzlich studierte sie Erwachsenenpädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin.

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